Ehemaliges Handwerkerhaus
Ursprung
Entstehungszeit: Wohnen
Ursprüngliche Nutzung
Wohnen & Geschäft - Wohn- u. Geschäftshaus
Erfolgreiche Sanierungskonzepte
Für das kleine verfallene Haus an einer vielbefahrenen Straße, dazu noch im Überschwemmungsgebiet der Elbe gelegen, schien der Abriss unvermeidlich. Aber getreu dem Motto „Alle sagen, es geht nicht. Dann kommt einer, der das nicht weiß, und der macht es einfach.“ fanden sich engagierte Bauherrn, die dieses Kleinod zu neuem Leben erwecken wollten. Das Gebäude wies sowohl bei den Holzbauteilen als auch beim Mauerwerk starke Schäden auf. Durch mehrmailige Umbaumaßnahmen war die bauliche Struktur sehr inhomogen. Aufgrund des Zustands wurde für das Gebäude bereits ein Ersatzneubau genehmigt. Um möglichst viel Bestandssubstanz zu erhalten, wurde das Holz und das Mauerwerk zunächst auf Erhaltungsfähigkeit untersucht. Die Salzschädigungen wurden analysiert. Wiederverwertbare Substanz wurde erhalten und instandgesetzt. So wurde das vorhandene Kästelmauerwerk durch Verfüllung stabilisiert. Oberster Grundsatz bei der Sanierung war, den historischen Charme und soviel historische Bausubstanz wie möglich zu erhalten. Daher wurden zunächst umfangreiche Bauzustandsuntersuchungen durchgeführt. Auf Grundlage der Holzschutzgutachten, Salzanalysen des Mauerwerks und statischen Bestandsuntersuchungen entwickelten die Architekten von hirt architekten ein Instandsetzungskonzept, das auch die Denkmalschutzbehörde überzeugte.
Fährt man von Laubegast kommend entlang der Elbe in Richtung Innenstadt führt die 20er-Kurve durch den historischen Alttolkewitzer Dorfkern. Markant steht hier der Straßengiebel des alten Handwerkerhauses Alttolkewitz 18 neben seinem „Zwillingsbau“ Traufe an Traufe. Alteingesessene Laubegaster kennen noch den alten Schuster, der seinen kleinen Werkstattladen zur Straße hin öffnete. Später wohnten hier Sänger, die in der Staatsoperette gastierten und temporär hier eine günstige Unterkunft fanden. Die Nutzung als kleine Gaststube lässt sich in den Archiven ebenfalls belegen. Das Gebäude steht im Überschwemmungsgebiet und war vom Elbhochwasser 2002 betroffen. Für die Sanierung wurde ein Hochwasserkonzept erstellt. So steht die Heizung im hochwassersicheren Obergeschoss. Eine Wannenausbildung, die das Eindringen von Hochwasser vermeiden könnte war aufgrund der Substanz nicht möglich. Der Erdgeschossfussboden wurde daher durch Einbau von Glasschaumgranulatdämmung und darüberliegendem Gussasphaltestrich mit Fussbodenheizung so konzipiert, dass eindrigendes Hochwasser möglichst schnell wieder abfließen kann. Holzbauteile wie Türen und die Treppe im Erdgeschoss sind mit geringem Aufwand demontierbar.
Das Energiekonzept sah das Erreichen des KfW-Standards "Effizienzhaus Denkmal" vor. Dies wurde durch Einbau einer Innendämmung der Außenwände (Gasbeton), Dämmung des Daches mit Zellulose-Einblasdämmung, Dämmung des Erdgeschossfussbodens mit Glasschaumgranulat sowie Erneuerung der stark geschädigten Holzfenster entsprechend den denkmalpflegerischen Vorgaben vor. Die Beheizung und Warmwassererwärmung erfolgt über eine Gas-Brennwerttherme mit Fussbodenheizung. Dabei mußte der Hochwasserschutz im Erdgeschoss und die geringe Aufbauhöhe der Fussbodenheizung bei den Holzbalkendecken der Obergeschosse berücksichtigt werden.
Um die beengten Raumverhältnisse im Gebäude optimal zu nutzen, wurde in allen Geschossen eine Fußbodenheizung eingebaut. Im Erdgeschoss wurde dies über Kupferrohre in Gussasphaltestrich realisiert. In den oberen Geschossen wurde die Fußbodenheizung aufwendig zwischen den Deckenbalken unter der Holzdielung verlegt. Die Holzdeckenbalken sind von unten sichtbar. Durch die erhöhten Deckenfelder wirken die niedrigen Räume erstaunlich großzügig. Dies wird unterstützt durch die offene Grundrissgestaltung und das ausgeklügelte Belichtungskonzept. Insbesondere das eigentlich sehr enge Dachgeschoss wirkt dadurch sehr geräumig.
Die Idee, wie Altes mit Neuem an einem Baudenkmal vereint werden kann, lässt sich am Besten anhand der Innentreppen darstellen: Die historische Treppe zum Dachboden wurde aufgearbeitet und steht nun repräsentativ frei im Dielenraum. Blickfang ist jedoch die sachlich gestaltete neue Treppe ins Obergeschoss. Diese steht wie eine Skulptur im Raum. Der Kellerabgang ist unauffällig in die Treppe integriert. In der gleichen Sachlichkeit ist der moderne Windfang sowie der Badeinbau im Dachgeschoss gestaltet. Durch Engagement der Bauherrn und dem Willen aller Beteiligten, Historisches zu bewahren und gleichzeitig moderne Nutzungsansprüche in eine zeitgemäße Formensprache umzusetzen, konnte dieses Baudenkmal vor dem Verfall gerettet werden.
Informationen
- Gebäudezustand
- Kategorie
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Herausragendes Konzept
- Objekt-Nr.
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214
- Ort
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Alttolkewitz 18, 01279 Dresden
- Beschreibung
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Das ehemalige Handwerkerhaus im Dorfkern des Dresdner Stadtteils Alttolkewitz stand vor dem Abriss und wurde durch engagierte Bauherrn liebevoll zu einem Wohnhaus saniert.
- Baujahr
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ca. 1873
- Nutzung
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Derzeitige Nutzung
Wohnen
Ursprüngliche Nutzung
Das Gebäude Alttolkewitz 18 gehört zur Bebauung eines ehemaligen Elbfischerdorfes außerhalb des Dresdner Stadtgebietes. Das Dorf soll 1873 abgebrannt sein, so dass für die überkommene Bebauung von einem Baujahr in den 1870er Jahren ausgegangen wird, ein gesichertes Baujahr liegt nicht vor. Das Wohngebäude hat einen Gewölbekeller, 2 Vollgeschosse sowie einen bisher nur mit einer gartenseitigen Giebelkammer ausgebauten Dachboden. Der straßenseitige Raum und Teile der Diele liegen über dem Gewölbekeller. Das Erdgeschoss ist aus massiven Ziegel-, Kästel-, Misch- und Bruchsteinmauerwerk errichtet. Das Obergeschoss war ursprünglich als Fachwerkkonstruktion errichtet worden, die Fachwerkkonstruktion ist nur noch rudimentär im Bereich des Dachgeschosszuganges an der nordwestlichen Gebäudelängswand vorhanden. Die übrigen Obergeschosswände sind als massive Ziegel- bzw. Kästelmauerwerkswände errichtet worden. Die vorhandene Holzbalkendecke über EG weist Einschubschalung mit Lehmschüttung und Holzdielung auf. Die Decke über OG ist ursprünglich als sichtbare Holzbalkendecke mit oberseitiger Schalung und darauf Lehmschlag ausgeführt worden. Im zuletzt genutzten Bestand wurde unterseitig Schalung mit Rohr- Putzträger und Kalkverputz ergänzt. Der Dachstuhl wurde unverkleidet in Holz errichtet. In dem Gebäude wohnte und arbeitete ein Schuhmacher. In den 1990er Jahren diente das Gebäude als Interimswohnstätte für Schauspieler des Dresdner Schauspielhauses. Das Haus steht im Überschwemmungsgebiet und wurde beim Elbhochwasser 2002 überflutet.
- Fläche
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Nutzfläche
132 m²