Gemeinde- und Bürgerzentrum Cunewalde, ehem. Weberei August Hempel
Ursprung
Entstehungszeit: Industrie
Ursprüngliche Nutzung
Industrie & Gewerbe - Fabrik
Erfolgreiche Sanierungskonzepte
Die Architekten der Bauplanung Bautzen GmbH entschieden den von der Gemeinde ausgeschriebenen Architekturwettbewerb mit ihrem Konzept eines Gemeinde- und Bürgerzentrums für sich. Die äußere Hülle des Gebäudes blieb weitgehend unverändert und wurde denkmalgerecht saniert. Lediglich an der Nordfassade baute man eine Außentreppe für den zweiten Fluchtweg an, die mit ihrer kräftig roten Farbgebung einen modernen Akzent setzt. Im Inneren richteten die Architekten moderne Büroräume ein. Man hat sich dabei als Ziel gesetzt, die Großzügigkeit der gründerzeitlichen Raumwirkung mit den Nutzungsanforderungen einer kleinteiligen Büroarchitektur zu vereinbaren. Die Inneneinrichtung wird vorwiegend durch moderne Gestaltungselemente in kräftigen Farben und eine gerade strenge Linienführung bestimmt. Einige architektonische Details sollen jedoch ganz bewusst an die historische Funktion des Baus erinnern. Aus diesem Grund sind an den Außenwänden die alten Putzstrukturen erhalten geblieben und wurden historische Eckschutzschienen und Gussstützen in das moderne Innenraumkonzept integriert. Das Gebäude ist barrierefrei gestaltet. Bei der Umsetzung der Baumaßnahmen achtete man auf die Verwendung einheimischer Rohstoffe.
Das Gemeindezentrum ist auch ein Pilotprojekt für die Verwendung erneuerbarer Energien. Von Anfang an bestand der Plan durch die Nutzung innovativer Technologien eine besondere Wirtschaftlichkeit beim Betrieb des Gemeindezentrums zu erreichen. Da der Standort der Fabrik untrennbar mit dem angrenzenden Trutzmühlteich verbunden ist, sollte die Nutzung der dem Wasser inne wohnenden Energie als technisch-historisches Element aufgegriffen werden. Der Trutzmühlenteich wurde nach der Öffnung des verdeckten Abflusses mit Resten einer alten Turbine in die Freiflächengestaltung einbezogen. Gleichzeitig dient er auch zur Wärmeerzeugung, indem parallel zum Gebäude (unter dem Parkplatz) ein Fließwasserwärmetauscher installiert wurde. Diese innovative Technologie wandelt Wärmeenergie aus dem Überlaufwasser des Teiches in Heizenergie um und deckt so den Wärmebedarf des Gebäudes zu 80 Prozent. Auf dem Dach des Gebäudes wurde zudem eine Photovoltaikanlage installiert, die eine jährliche Energieerzeugung von knapp 9.500 KW/h einbringt. Die gewonnene Energie wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist und vom Stromerzeuger vergütet. Das Energiekonzept trägt also zur Kosteneinsparung in der Gemeinde bei und ist zudem umweltschonend, da es auf erneuerbare Ressourcen setzt.
Die Finanzierung des Bauvorhabens erfolgte über Mittel aus dem Förderprogramm „Revitalisierung von Brachflächen“ und Mittel aus dem Bund-Länder-Programm "Städtebauliche Erneuerung“. Die Gesamtbaukosten beliefen sich auf etwa 2,85 Mio Euro. Davon stammten 1,5 Mio Euro Zuwendung aus der Brachflächenrevitalisierung, 0,81 Mio Euro aus der Städtebauförderung und 0,54 Mio Euro waren Eigenmittel.
Informationen
- Gebäudezustand
- Kategorie
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Herausragendes Konzept
- Objekt-Nr.
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378
- Ort
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Hauptstraße 19, 02733 Cunewalde
- Beschreibung
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Das ehemalige Produktionsgebäude der Weberei August Hempel und des späteren VEB Lautex wird nach 15 Jahren Leerstand als Gemeinde- und Bürgerzentrum von Cunewalde genutzt. Aufgrund seiner zentralen Lage zwischen Hauptstraße und dem Trutzmühlteich eignet es sich sehr gut für diese multifunktionale Nutzung. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und wurde zwischen 1890 und 1910 errichtet. Es erhebt sich über einem L-förmigen Grundriss und verfügt über drei Vollgeschosse. Das Gebäude schließt mit einem Satteldach ab. Die Außenarchitektur ist von einer sachlichen, schmucklosen Formensprache geprägt, lediglich die Geschosse wurden durch farbig hervorgehobene Gesimse voneinander abgesetzt. Über den Segmentbögen der Fenster befinden sind farblich abgesetzte Schlusssteine. Der ehemals zur Fabrik gehörende Schornstein, sowie das Heizhaus, die völlig marode Villa und Nebengelass wurden im Zuge des Umbaus abgebrochen. Das Gebäude ist sowohl ortsbildprägend als auch technik- und baugeschichtlich von Bedeutung.
- Baujahr
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um 1900
- Nutzung
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Derzeitige Nutzung
Die ehemalige Weberei wird nach einem Umbau heute als Gemeinde- und Bürgerzentrum von Cunewalde genutzt. Die vorher über die verschiedenen Ortsteile verstreuten kommunalen Einrichtungen sind nun in dem Gebäudekomplex zusammengeführt. Außerdem wurden die Gemeindebibliothek, Ortschronik und Archiv, das Forstrevier, eine Forstbetriebsgemeinschaft, ein Polizeiposten, der kommunale Sanierungsträger sowie eine Sparkassenfiliale in den Räumlichkeiten mit untergebracht.
Ursprüngliche Nutzung
Der Trutzmühlteich ist ein alter Mühlenstandort in Cunewalde. Seit etwa 1550 wurde dort eine Mühle auf Pachtbasis bewirtschaftet. 1895 wurde diese Mühle durch einen Brand zerstört und die Brandruine ein Jahr später an den Fabrikanten August Hempel verkauft. 1854 hatte dieser seine mechanische Weberei für Leinen, Halbleinen und Baumwollwaren in Cunewalde begründet. Hempel errichtete auf dem einstigen Mühlengelände bis 1900 eine Textilfabrik. 1936 wurde das Gebäude noch einmal großzügig erweitert. Im Jahr 1945 kam es bei einem Brand zu Beschädigungen an Produktions- und Lagerräumen. 1953 verließen die letzten Privatinhaber die DDR. Zwei Jahre später wurde die Kommanditgesellschaft aufgelöst. Den Betrieb übernahm der zurückgekehrte frühere Teilhaber und Enkel des Firmengründers Joachim Hildebrandt als Alleininhaber. 1959 wurde aus der Firma erneut eine Kommanditgesellschaft, diesmal mit staatlicher Beteiligung, gebildet. 1972 entstand aus dem Unternehmen der VEB Webtextilien Cunewalde, welcher zu dem Betrieb Lautex Neugersdorf gehörte. Mit der politischen Wende 1990 stand die Produktion vor dem Aus. Die Gebäude standen seitdem 15 Jahre leer und verfielen zusehends. Die Gemeinde Cunewalde bemühte sich seit 2003 um eine Revitalisierung der Industriebrache. 2005 kaufte die Gemeinde das Fabrikareal und lobte einen Architekturwettbewerb zur Ideenfindung aus. Die Architekten der Bauplanung Bautzen GmbH entschieden den Wettbewerb mit ihrem Konzept eines Gemeinde- und Bürgerzentrums für Cunewalde für sich. Die in den Ortsteilen verstreuten Gemeindeeinrichtungen sollten in diesem Zentrum gut erreichbar für alle gebündelt werden. Außerdem wurden Räume für die Gemeindebibliothek, Ortschronik und Archiv, das Forstrevier, eine Forstbetriebsgemeinschaft, einen Polizeiposten, den kommunalen Sanierungsträger sowie eine Sparkassenfiliale geschaffen. Der Umbau erfolgte vom Frühjahr 2006 bis zum Herbst 2007. Im November 2007 konnte das Gemeinde- und Bürgerzentrum Cunewalde dann feierlich eröffnet werden. Für die gelungene Verbindung von Tradition und Moderne wurde das Projekt 2010 mit dem Sächsischen Staatspreis für Baukultur ausgezeichnet. Die Juroren gaben folgende Begründung: „Das Vorhaben verbindet in ausgezeichneter Weise die Geschichte des Standortes und die erhaltenswerte Bausubstanz mit den heutigen Anforderungen und der öffentlichen Nutzung.“
- Sonstiges
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„In Cunewalde gibt es nun seit 2007 ein modernes Bürgerzentrum in historischem Gemäuer – ein Glanzstück, welches das Ortsbild bereichert und die Identifikation der Bewohner mit ihrem Ort erhöht. Das neue Zentrum schafft Synergien und sichert Arbeitsplätze. Mit seinen innovativen Energiequellen trägt es auch zu Kosteneinsparungen in der Gemeinde und zum Umweltschutz bei.“ Zitat: Infobroschüre des LfULG, 2014